Willkommen bei Heal the Soil - einer Permakultur-Bewegung in
Süd-Indien!
„Heal the Soil“ ist eine kleine Bewegung in Kottakarai, einem Dorf
im Süden Indiens, mit
der Vision, ein Experimentierfeld für naturnahe und
nachhaltigen Lebensweise zu eröffnen. Nahe der internationalen Stadt Auroville eröffnet ein
Stückchen Land mit dem Namen „Sapney Farm“ Voluntär*innen aus aller Welt ein Versuchsfeld für Permakultur
und selbstorganisierte Projektgestaltung. Sapney Farm, benannt nach
dem tamilischen Wort für „Traum“, entstand vor drei Jahren und ist nach wie vor im Aufbau. Die langfristige Vision ist
es, gemeinsam mit Familien aus Kottakarai und ihren Hausgärten eine Lebensmittel-kooperative zu gründen. Es liegt noch viel vor uns, um dieses Ziel zu erreichen. Die Erfahrungen, die ich als Freiwillige Mitarbeiterin für ein Jahr bei
„Heal the Soil“ mache, werde ich auf diesem Blog teilen. Schaut euch um, lest euch ein,
kommentiert, stellt Fragen und tragt dazu bei, hier ein Forum für
einen lebendigen Austausch zu schaffen!
Ich wünsch' euch eine spannende Zeit beim Lesen dieses Blogs und
freue mich auf eure Beiträge!
Sara,
Langzeit-Voluntärin bei „Heal the Soil“
Kleines Vorwort zur großen Permakultur-Frage
Was tun eigentlich Permakultur-Designer? Nun, in erster Linie
versuchen wir, organische Abläufe und stabile Systeme zu gestalten,
indem wir den Lauf der Dinge in der Natur imitieren. Nach dem
Grundsatz „Go with the flow“ schaffen wir in unserer Umgebung
Schritt für Schritt einen produktiven Lebensraum, beobachten die
natürlichen Ablaufe um uns herum und greifen gestalterisch ein.
Unser Ziel ist es, Systeme zu kreieren, die unsere täglichen
Bedürfnisse decken und sich selbst regulieren können. Deswegen sind
unsere zentralen Themen Landwirtschaft, Wassermanagement,
medizinische Versorgung und Architektur. Teil dieser Systeme sind
aber auch unsere sozialen Verbindungen. Wir versuchen in Grunde
genommen, die Gemeinschaft von Menschen, Tieren und Pflanzen an einem
bestimmten Ort so aufzubauen, dass alle Elemente des Systems im
gegenseitigen Nutzen verknüpft sind. Dabei wollen wir möglichst
viel Verbindungen kreuz und quer durch das ganze System herstellen,
sodass es stabil, produktiv und lebendig wird. Ein Permakultur-Design
baut also auf den Prinzipien von Kreislaufwirtschaft,
Selbstorganisation und Kooperation.
→ mehr dazu siehe „Info-Plus“*)
Starting to Heal the Soil: Ankunft in Kottakarai
Als das Taxi in Schritttempo über die Straßen von Kottakarai
rollt, bin ich seit mehr als 24 Stunden wach. Zwischen dem Erstaunen über jeden neuen Eindruck in diesem Land, das ich als
vollkommener Neuling betrete, überkommt mich immer wieder ein
Sekundenschlaf, aus dem ich durch ein Aufprallen meines Kopfes an der
Autotür aufwache. Meine ersten Stunden in Indien sind also im
wahrsten Sinne des Wortes "traumhaft".
Die Straßen hier haben keine Namen, und die Häuser keine
Nummern. Die Adresse auf meinem Schmierzettel ist also an und für
sich eine Wegbeschreibung. Ganz leicht haben wir es trotzdem nicht,
vor allem, weil die Sonne langsam untergeht und die Leute sich in
ihre Häuser zurückziehen. An jeder Ecke halten wir und fragen nach
"Sapney Farm", dem Ziel meiner Reise, oder nach "Heal
the Soil CSA" . Währenddessen telefoniert der Fahrer mit
Snehal, meiner Kontaktperson hier, und lässt sich mehrere Male den
Weg erklären. Erst als wir direkt vor der Farm stehen, erklärt uns
der Nachbar, dass wir den Ort, nach den wir suchen, bereits gefunden
haben. In diesem Moment weiß ich nicht genau, wer darüber mehr
erleichtert ist, mein Fahrer oder ich. Er stoppt den Motor. Etwas
desorientiert wackeln ich und mein Rucksack durch das grüne
Eingangstor, und ich setzte mich erleichtert zum ersten mal auf den
Boden von Sapney Farm, meinem neuen „Zuhause“ für dieses Jahr.
Im Dunkeln - es ist schon nach sieben Uhr abends - krame ich in
meinem Reisegepäck nach den Rupie-Bündeln und einer Packung Manner
Wafferl, bedanke mich bei meinem Fahrer und versuche, mich etwas zu
orientieren.
Das erste, was Reisende in Indien angeblich verstehen lernen, ist:
Es gibt kein „typisches Indien“ - und es gibt kein „typisches
Indisches Dorf“. Zu groß ist das Land, zu vielfältig die
Landschaften, Lebensweisen und Weltbilder, die einem hier begegnen.
Das zweite, das gleich danach kommt, ist: Das Selbstbild des
„kulturell offenen Westlers“ bringt dich beim Verständnis deiner
Umwelt nicht weiter. Deine gesellschaftliche Prägung und deine
Perspektive auf die Welt gehören zu einem Mosaik an Sichtweisen, die
in dieser Welt existieren, und die alle in gewisser Weise richtig, in
gewisser Weise falsch sind. - Das sind die Basis-Weisheiten, die mir
die „Traveller“, von denen es in dieser Region nur so wimmelt,
sehr glaubhaft vermittel. Ich versuche daher als Zwischenlösung, mir
bei dem, was ich tue, sowie bei dem, was ich hier schreibe, meines
persönlichen und gesellschaftlichen Backgrounds bewusst zu bleiben.
Das wird streckenweise gelingen, streckenweise scheitern, nehme ich
an. Für die Leser*innen dieses Blogs bedeutet das: Die
Beschreibungen und Erfahrungen hier, ob nun persönlich oder sachlich
formliert, sind unvermeidlich subjektiv und tragen eine gewisse
Perspektive in sich, die zur Diskussion offen steht. Jeder Kommentar
ist also herzlich willkommen.
Erst mal Orientierung gewinnen...
Sapney Farm ist mehr ein großer Garten als eine Farm, übervoll
mit Papaya- und Bananenbäumen, dazwischen ein paar Gemüsepflanzen
und Kräuter, oft aber auch trockene Fleckchen, die auf engagierte
Volunteers warten. Auf dem Gelände verstreut stehen kleine gemauerte
Häuschen, die die Langzeit-Volunteers bewohnen. Bambushütten mit
Schlafplätzen im Dachgeschoß bieten Platz für Gäste, und werden
im Erdgeschoß als Gemeinschafts-Raum bzw. -Küche genutzt. Einige
der Gebäude hier sollen bald zu eigenständigen Einheiten werden,
Modelle für die Häuser im Dorf, mit eigenem Wasserkreislauf und
Anbauflächen für Obst und Gemüse, alle gemeinsam eingebettet in
ein Permakultur-System, das die ganze Farm umfasst. Die Idee ist
ambitioniert, ob die Modelle hier im Dorf Gefallen finden werden,
steht noch offen. Weniger als einen Hektar umfasst die Fläche von
Sapney Farm, auf der je nach Jahreszeit zwischen 5 und 20 Menschen
leben, und noch gibt sie nicht genug her, um alle zu ernähren. -
Work in Progress...
Die meisten Menschen, die ich an diesem Abend treffe, sind
Reisende aus Europa, die hier einige Monate als Volunteers verbracht
haben, und beim Aufbau des Gartens und der Gebäude helfen. Einige
haben ihre Permakultur-Ausbildung auf der Sapney Farm begonnen,
andere begleitet diese Thema schon längere Zeit, und sie suchen hier
nach neuen Methoden, Ideen und Erfahrungen. Zu den letzteren gehöre
ich. Ich werde die meiste Zeit des Jahres an diesem Ort verbringen,
und hier in einer Gemeinschaft ständig wechselnder Menschen leben.
Zusammen mit dem Inhaber Snehal, dem Gärtner Elumalai und den
„Ammas“, unseren „Mamis“, werden wir Volunteers hier Beete
anlegen, am Abwassersystem basteln,und versuchen, Kooperationen mit
unseren Nachbarn aufzubauen - also von und mit den Pflanzen, Menschen
und Tieren hier lernen und leben.
Kottakarai ist eines der Dörfer, die die "internationale
Stadt" Auroville umgeben, und die ohne dieses Großprojekt der
Nachhaltigkeit, Gütergemeinschaft und spirituellen Selbstentfaltung
nicht in der Form existieren würden. Mit der Zuwanderung ins Umland
dieses finanzstarken Projektes, das zahlreichen „Non-Aurovillians“
als Arbeitsplatz dient, entstand eine Mischung aus Plastikbergen und
Ökofarmen, veganen Restaurants und Motorradverleihen, die Stück für
Stück in das ehemalige Brachland wachsen. Vor noch 50 Jahren war
hier nichts als Wüste. Heute findet mein Taxifahrer, der selbst seit
sieben Jahren hier lebt, zwischen den Häusern und Wäldern kaum mehr
den Weg zu dem Ort, den wir suchen.
Die erste Nacht auf Sapney Farm verbringe ich mit einem
Ankunftsgefühl, in dem sich jede erdenkliche Stimmungslage sowie
Sprache mischt, versorgt mit handgemachter Pasta - ein italienischer
Volunteer feiert Geburtstag - und 30 Grad warmem indischen Bier. -
Für Sapney Farm, die viele junge Reisende und Freiwillige
beherbergt, eine bezeichnende Mischung, wie mir scheint.
Das Dorf und wir – Ein Versuch namens „Community Kitchen
Gardens“
Neben dem Aufbau der Sapney Farm werden wir Volunteers von „Heal
the Soil“ viel Zeit mit dem "Community Kitchen Garden Project"
verbringen, in dem mehrere Familien aus dem Dorf gemeinsam mit dem
Team von Heal the Soil Gärten für den Eigenbedarf aufbauen. Als
Kooperative sollen sie schließlich mit den Überschüssen das
Restaurant "Kofi Bar", das wie die Sapney Farm dem
Koordinator Snehal gehört, beliefern. Wie wir Volunteers unsere
Rolle darin finden wird sich zeigen. Vom Nachbargrundstück trennt
uns auf der Sapney Farm nur ein dünner Maschendrahtzaun. Trotzdem
ist die Welt auf der Sapney Farm nicht ganz dieselbe wie in
Rest-Kottakarai. Das hat viele Gründe. Ganz verstehen werde ich das
wohl erst in den nächsten Monaten.
*) Info-Plus: Was ist Permakultur?
Permakultur bedeutet
Permanent Agriculture und meint eine Landwirtschaft, die auf
ökologischen Kreisläufen und einer Orientierung an Abläufen und
Mustern der Natur basiert. Entwicklelt und ausformuliert wurde der
Permakultur-Ansatz von den Australiern Bill Mollison und David
Holmgren in den 1970er Jahren: "Permakultur (dauerhafte
Landwirtschaft) ist die bewusste Gestaltung und Erhaltung
landwirtschaftlich produktiver Ökosysteme, die die Mannigfaltigkeit,
Stabilität und Widerstandsfähigkeit natürlicher Ökosysteme
aufweisen. Permakultur ist die harmonische Verflechtung von
Landschaft und Menschen, die Nahrung, Energie, Behausung und andere
Materielle und immaterielle Bedürfnisse für die Menschen bereit
stellt." (aus Bill Mollison: Handbuch der Permakulturgestaltung,
1988, Tagari Publications)
Im Zentrum der Permakultur steht
eine Ethik, die den Menschen als gleichbereichtigte*n Teilnehmer*in
in einem vielfältigen Ökosystem sieht. Diese Ethik ist in drei
einfachen Punkten formuliert:
1.) Sorge um die Erde.
2.)
Sorge um die Menschen.
3.) Teile gerecht und schränke dich ein.
Ziel dieser Ethik ist das kulturelle Festigen einer Umgangsweise
mit der Umwelt, die im Bewusstsein ihrer Komplexität ökologische
und soziale Krisen vermeiden und ihnen entgegenwirken möchte. Damit
geht Permakultur über die landwirtschaftliche Praxis hinaus, und
kann auf alle Lebensbereiche angewandt werden.
Für die
Landwirtschaft, die als Versorgerin und wichtiges Aktionsfeld des
Menschen dennoch im Zentrum der Permakultur steht, heißt das: ein
bewusster Aufbau von Bodenfruchtbarkeit und eine Erhaltung der
biologischen Vielfalt, bewusstes Erkennen der vorhandenen Ressourcen
und ihr schonender und vielfältiger Einsatz. Es geht darum, mit
Kreativität und Voraussicht gestalterisch in ein Ökosystem
einzugreifen, um sich versorgen zu können, aber ohne dabei die
Funktionen des Ökosystems zu beschneiden oder zu zerstören, sondern
im Gegenteil die natürlich darin vorkommenden Prozesse und Kräfte
geschickt als Mitarbeiter*innen für die eigene Versorgung
einzusetzen.
Die Permakultur bedient sich vieler unterschiedlicher
Methoden und traditioneller Techniken aus der Landwirtschaft und
vereint diese, entwicklet aber auch Neues. Die Methoden sind von Ort
zu Ort, und von Klimazone zu Klimazone unterschiedlich. Die
Prinzipien jedoch, nach denen gestaltet wird, sind so formuliert,
dass sie in jedem Fall anwendbar sind.
In der Formulierung von
David Holmgren (die etwas von der von Bill Mollison abweicht) sind
das:
1.) Beobachte und Handle. Wichtig ist das Eingehen
auf lokale Gegebenheiten, auf den Ort und seine geographische
Beschaffenheit, auf die Wind- und Wettereinflüsse, die Menschen,
Tiere und Pflanzen, die ihn prägen und in der Vergangeheit geprägt
haben. Lass dir Zeit beim Beobachten, lernen den Ort unter
verschiedensten Wetterbedingungen und zu unterschiedlichen
Jahreszeiten kennen. (z.B. Wo fließt bei Starkregen das Wasser ab?
Wo schmilzt Schnee am frühsten?) Erst dann beginnt die
Planungsphase. Beobachten und Handeln finden dann in der Umsetztung
immer gleichzeitig statt, sodass die eigenene Interventionen und
gestalterischen Maßnahmen verstanden werden können, und die
Konsequenzen des eigenen Handelns nachvollziehbar werden
.
2.)
Fange Energie ein und Bewahre sie. Wind, Wasser, und Sonne
strömen auf ein Grundstück ein. Sie werden so geleitet, dass ihre
Effekte so oft es geht genutzt werden und nach Möglichkeit auch
mehrmals gespeichert werden können. erst wenn alle Bedürfnisse im
System (nach Wärme, Wasser, Energie, bestäubendem Wind,
Elektrizität etc.) gestillt sind, sollte die Energie das System
verlassen können. Hierzu wird eine bewusste "Sektorenplanung"
angewendet.
3.) Fahre eine Ernte ein. Es soll nicht
beim Experimentieren bleiben. Experimente sind wichtig, um den Ort,
das Klima, die Pflanze und ihr Verhalten zu anderen Teilen des
Ökosystems besser kennen zu lernen. Trotzdem sollte die Versorgung
immer ein Ziel sein, das zumindest teilweise erfüllt wird. Der
Aufbau von Bodenfruchtbarkeit und die Stabilisierung des
permakulturellen Systems sind nicht alleiniges Ziel, sondern immer in
gleichem Maße wichtig wie die eigene Versorgung mit Lebensmitteln.
Ziel ist es immerhin, sich als Mensch mit all den Bedürfnissen an
Nahrung, Unterkunft, Trinkwasser usw. als Teil eines funktionierenden
Ökosystems zu integrieren.
4.)
Lass die Natur die
Regulieren und akzeptiere ihr Feedback. Die Natur gibt in der
permakulturellen Gestaltung das Rahmenwerk vor. Wird mit den
natürlischen Tendenzen gearbeitet (Vertrocknung, Vergrasung,
Verwaldung) und werden sie bewusst genutzt, habe ich bedeutend
weniger Pflegeaufwand. Erweist sich ein Ort als sehr
pflegeaufwändige, ist es ratsam ihn seinen natürlichen Tendenzen
entsprechend umzugestalten (an trockenen Plätzen kann ich etwa ein
Schotterbeet anlegen, wo viele seltene Blumen und Arzneipflanzen
gedeihen, die ich ohne viel Aufwand nutzen kann. Ein Gemüsebeet hier
anzulegen erfordert hingegen ständiges Gießen)
5.)
Nutze
und schätze erneuerbare Ressourcen. In der Permakultur gilt es,
erst das Potenzial dessen auszuschöpfen, was vor Ort zu Genüge
vorhanden ist, während der Verbrauch an seltenen oder weit entfernt
vorkommenden Ressourcen möglichst vermieden wird. Das bezieht
Baumaterialien, Energieträger und Nahrungs- und Arzneipflanzen sowie
tierische Produkte mit ein. Vor allem wird auf Kräfte und Ressourcen
gesetzt, die immer verfügbar sind, wie Wind oder Sonne, oder auf
Ressourcen, die im Kreislauf des Permakultursystem laufend prduziert
werden, etwa Biomasse (Stichwort Biomeiler). Wind- und Sonnenenergie,
nachwachsende oder im Boden vorhandene Baumaterialien werden genutz.
6.)
Produziere keinen Abfall. In einem natürlichen
Ökosystem gibt es keine Abfälle, es wird alles einer Verwertung
zugeführt, und Nährstoffe werden im Kreislauf gehalten. Die
Permakultur orientiert sich an diesem Modell und versucht, allen
Dingen einen Nutzen zu geben. Hier spielt kreatives Recycling eine
wichtige Rolle. Auch gilt es, Ressourcen wie Wasser, wenn gebraucht,
der Natur wieder so zurückzugeben, dass sie sie verwerten kann.
7.)
Plane vom Muster zum Detail. "Form follows Function".
In der Natur haben sich Muster herausgebildet, die sich in
unterschiedlichen Bereichen wiederholen, und die wir nach einiger
Beobachtung einer gewissen Funktion zuordnen können. Wir finden
diese Muster auch technisch angewandt wieder, etwa überlappende
Schindeln auf Dächern, die sich mit den Schuppen von Fischen
vergleichen lassen. So wird in der Permakultur etwa in Form der
Kräuterspirale nachgebaut, was ein Schneckanhaus funktionell
leistet: Es bietet viel Raum auf wenig Platz, und durch seine
eingewickelte Form geht kann Wärme besser gespeichert werden. Auch
soziale Muster und Muster im Verhalten lassen sich gewissen
Funktionen zuordnen, die wir reproduzieren oder bewusst nicht
reproduzieren können, um zu gewissen einem Ergebnis zu gelangen.
Diese Muster sind formgebend für unsere Planung, sie werden im
ersten Schritt mit den örtlichen Gegebenheiten und den Bedürfnissen
und Zielen zusammengeführt und grob geplant. Erst dann folgen die
Details und die Anordnung der Elemente, und es kommt zur
Umsetzung.
8.)
Integrieren statt Zerteilen. Beziehungen
zwischen den einzelnen Elementen (also eine Pflanze, eine Mauer, ein
Tümpel, eine Außenkochstelle) des Systems werden so gestaltet, dass
sie einander positiv beeinflussen. Permakultur ist Beziehungsarbeit.
Symbiosen zwischen Pflanzen werden bewusst genutzt und es wird so
geplant, dass ein Element möglichst viele seiner positiven Effekte
entfaltet. So kann ein Stein- und Schotterhaufen Unterschlupf für
Kleinlebewesen, Wärmespeicher und Lebensraum für besondere
Pflanzenarten bieten, deshalb wird er dort platziert,wo auch all
diese Effekte gebraucht werden können. Ein Dach kann als Unterstand
dienen und als Gründach zusätzlichen Pflanzbereich bieten. Wichtig
ist nicht die große Anzahl der Elemente, sondern die große Anzahl
der positiven Beziehungen, in denen es steht, damit sein
Mehrfachnutzen wirksam wird.
9.)
Nutze kleine, langsame
Lösungen. Wenn ich mit einem komplexen System wie z.B. einem
naturnahen Gemüsegarten arbeite, werden am besten immer kleine
Schritte gesetzt, und zwar einer nach dem anderen. Nur so habe ich
die Möglichkeit, die Konsequenzen meines Handelns zu überblicken
und aus ihnen zu lernen, bzw. regulierende Maßnahmen einzuleiten.
Auch die Größe meines Projektes lege ich idealerweise so klein an,
dass nicht all meine Zeit und Kraft für die Pflege aufgewendet
werden muss, sondern mir im Alltag recihlich Zeit und Kraft übrig
bleibt, um im Notfall (z.B. Überschwemmung) einen Spielraum für
Regulierungen zu haben. Kleine, langsame Lösungen zu verwenden
bedeutet auch, dass ich nicht alle mir zur Verfügung stehenden
Ressourcen (Fläche, Baumaterial, eingen Energie etc.) gleichzeitig
einbringe, sondern schrittweise nacheinander. Für ein Problem suche
ich immer die einfachsten, naheliegendste Lösungen, die mit wenig
Aufwand zu pflegen und leicht zu reparieren sind.
10.)
Nutze
und schätze die Vielfalt. Vielfalt bringt Stabilität und
ermöglicht dem Ökosystem, sich in Situatonen eines Schocks oder
Ausfalls schnell selbst zu regulieren. Eine Vielfalt an Lebensräumen
(Wald, Fließende und stehende Gewässer, Hecken, Felder, Wiesen,
Schotter etc.), an Mikroklimata (Bachufer, Heckenschatten, Windstille
Bereiche, wärmeabstrahlende Mauern etc), an Arten, Lebewesen und an
Kultursorten sind ausschlaggebend für ein Permakultur-System, das zu
unterschiedlichen Jahreszeiten, Wetterlagen und im Falle von
Extremstuationen die eigene Versorgung sicherstellen kann. Viele
Elemente sollen da sein, um eine spezielle Funktion zu erfüllen
(z.B. Wasserversorgung über Grundwasser, Regenwasser, bewusste
Pflanzungen um viel Wasser zu speichern und an der Blattoberfläche
verdunsten zu lassen, Himmels- und Grundwasserteiche, und in Mäandern
geleitete Bäche am Grundstück etc.), und ein Element sollte so
gesetzt sein dass es möglichst viele Funktionen erfüllen kann (Bsp
Steinhaufen von oben). Auch sollte nicht alles von einer Art an einem
einzigen Platz stehen, sonder an mehreren Orten verteilt sein, damit
Krankheiten oder einfallende Insekten nicht gleich den gesamten
Bestand, sondern nur einen Teil beschädigen.
11.)
Nutze
Randzonen. Randzonen sind die Übergänge von einem Bereich zum
anderen, wir finden sie zum Beispiel dort, wo Schotterflächen enden
und fruchtbare Erde beginnt, an Flussufern oder an Waldrändern. Sie
sind hoch potente Schauplätze des Ökosystems, denn hier treffen
Eigenschaften und Arten unterschiedlicher Bereiche aufeinander,
wirken zusammen und vermischen sich. Die möglichen Kombinationen von
warm, feucht, kühl, trocken, wasseraufnehmend und wasserableitend,
reflektierend oder speichernd sind mannigfaltig. Möglichst viele
Übergangszonen in möglichst vielen Kombinationen zu schaffen erhöht
die Vielfalt im System und macht es produktiver. Lege ich
beispielsweise einen Teich an, kann ich durch ein
Wellenlinienförmiges Gestalten des Ufers (als würde ich das Ufer
etwas einfalten) im Verhältnis zur Wasseroberfläche an Uferlänge
gewinnen, und kann an einem Teil steinige, an einem anderen Teil
sandige und wieder an einem anderen Teil schilfbewachsene Uferzonen
schaffen.
12.)
Sei kreativ und Antworte auf Veränderungen.
Permakultur bedeutet, immer wachsam und aktiv in einer Beziehung zum
System, z.B. meinem Garten oder meinem Feld, zu stehen. Ergibt sich
eine Veränderung, beobachte ich sie genau und reagiere aktiv.
Entweder, um glückliche Zufälle zu nutzen (z.B. zufällige
Kreuzungen, die ich versuche zu erhalten und zu vermehren), um
positive Entwicklungen zu nutzen und zu fördern (z.B. das Auftauchen
einer seltenen Art zu fördern, indem ich ihr Lebensraum schaffe und
unterstützende Nachbarschaft an Tier- und Pflanzenarten dazupflanze
oder hinleite), und um ungewollte Entwicklungen zu bremsen (etwa die
übermäßige Ausbreitung einer Topinamburpflanzung durch eine
Teich-Begrenzung)